Aus dem Johannesevangelium
Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt. (Joh 15,12–17)
Die Liebe als allumfassendes Band und Auftrag
Innerhalb seiner Abschiedsreden buchstabiert und erklärt Jesus diese Liebe. Sie ist ein Band, das ausgehend vom Vater, den Sohn, die Jünger und alle Menschen umfasst. In dieser allumfassenden Verbindung stehen wir als Gleichberechtigte nebeneinander; als Menschen, als Familie, als Gemeinde.
Jesus scheint zu wissen, was auf die Jünger und Gemeinden zukommen wird: Zweifel, Uneinigkeit und Zerwürfnisse. Er macht auf das Band der Liebe aufmerksam, das gleichermaßen mahnt und verbindet: Es schafft Wege zueinander und macht auf das Wesentliche aufmerksam. Auf der Liebe beruht die einander vertrauende Freundschaft von der Jesus spricht: Sie kann nur gelingen, wenn eine Begegnung auf Augenhöhe stattfindet.
Schwierig scheint diese Augenhöhe in der Beziehung mit Gott zu werden. Aber von „Freunden Gottes“ erzählt nicht nur ein Kirchenlied, das prägt auch das Verhältnis Gottes zu Mose. Diese Freundschaft ergibt sich dadurch, dass Gott sich in die Karten schauen lässt, dass er keine geheimen Pläne schmiedet, sondern seine Gedanken offenlegt. Nicht Knechte und unmündige Sklaven, sondern mündige Freunde Gottes sollen auch wir sein. Das ist beispielgebend für unseren Glauben und unser eigenes Miteinander.
Das Evangelium des Johannes greift antike Gedanken zum Thema Freundschaft und Liebe auf und bündelt diese zu einem Auftrag Jesu an uns: als aufrichtige und ehrliche Gemeinschaft an Herausforderungen zu wachsen. „Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.“
Steffen Vogt