Alle neu macht der Mai

Frühlingslied

Hermann Adam von Kamp (1829)

Alles neu macht der Mai
macht die Seele frisch und frei
Lasst das Haus, kommt hinaus,
windet einen Strauß!

Rings erglänzet Sonnenschein
duftend pranget Flur und Hain
Vogelsang, Hörnerklang
tönt den Wald entlang…


„Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei“… So besingt es ein altes Volkslied.

Ist das auch unsere Erfahrung in diesen Tagen? Kann der Mai wirklich alles neu machen?

Die Natur erfreut uns mit bunten Farben. Wir staunen über das frische Grün, die blühenden Wiesen und Bäume, das aufkeimende Leben in der Natur. Was wäre unser Leben ohne diese Zeichen der Freude?

Doch wissen wir, dass nicht alles neu werden kann. Wir können die Ereignisse und Erfahrungen in unserem Leben nicht ungeschehen machen, sie gehören zu uns wie unsere Haut. Auch die Corona-Krise und ihren Auswirkungen beeinflussen uns und sind am 1. Mai auch nicht wie weggeblasen, so sehr wie wir uns dies auch wünschen.

Alles neu macht der Mai – macht die Seele frisch und frei…

Eines jedoch ist sicher: Unsere Seele freut sich an den Sonnenstrahlen, am Wind, der uns ins Gesicht weht, am Vogelgezwitscher, an einem freundlichen Lächeln, einem guten Wort. Das alles kann unsere Seele jubeln lassen und unseren Alltag heller und froher machen.

„Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei…“

Was macht unsere Seele noch frei? Ist es der Frühjahrsputz? Oder ist es die Musik, wie ein bekanntes Sprichwort sagt: „Musik wäscht den Staub von der Seele“…

In der Bibel schreibt Paulus im Korintherbrief:

„Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“(2 Kor 5,17)

Ich frage mich: Was ist das Neue? Ist schon alles neu geworden? Oder vielleicht geht es darum, dass nicht alles auf einmal „neu“ wird, sondern wir immer wieder mit dem „neu werden lassen“ beginnen, Z. B.:

  • Neu anfangen und aufeinander hören
  • Neu anfangen und zwischen den Zeilen hören
  • Neu anfangen und immer wieder die nötige Geduld mit sich selbst und anderen aufbringen
  • Neu anfangen und einander tatkräftig zur Seite stehen, wie es gerade in dieser Zeit von Corona gefordert ist
  • Neu anfangen und mit Gott in unserem Alltag rechnen

Ich glaube, so kann der Mai vieles neu machen und unsere Seele atmet auf.

Schwester Johanna Stocker